Psychologische Sicherheit: der Weg zur Höchstleistung

Psychologische Sicherheit ist mehr als ein Konzept – psychologische Sicherheit ist die Grundlage von Höchstleistung. Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff und warum wird er gerade jetzt immer relevanter? Senior Business Coach Steffen Dreiling erklärt, wie wir unsere Zusammenarbeit verändern können, um ein sicheres Umfeld zu schaffen und welche Vorteile dies sonst noch mit sich bringt.

240828 Interview psychologische Sicherheit

Psychologische Sicherheit – Worum geht’s eigentlich dabei?
Steffen Dreiling: In der viel zitierten Studie (Kotter&Heskett, 1992 „Corporate Culture and Performance“) zu den Auswirkungen von positiver Unternehmenskultur auf die Leistung von Organisationen wird schon auf das eingegangen, was psychologische Sicherheit ausmacht. Alle die, die dauerhaft Höchstleistungen erbringen, ob in den Spezialeinheiten der Polizei, beim THW, bei den anderen Rettungskräften, jeden Tag in den tausenden OP-Sälen dieser Welt, wissen, um was es bei psychologischer Sicherheit geht.
Menschen, die in einem Umfeld von hoher psychologischer Sicherheit arbeiten, sind bereit gegenseitig zwischenmenschliche Risiken einzugehen. Sie sind bereit dazu, immer ihre Meinung zu sagen, immer Kritik zu äußern, immer Ideen für alternative Vorgehensweisen zu äußern und vor allem auch über das zu reden, was bei ihnen gerade nicht klappt. Diese Bereitschaft geht einher mit dem vollen Bewusstsein dafür eben nicht von den anderen im Umfeld zurückgesetzt zu werden, beschämt oder gar bestraft und ausgestoßen zu werden. So ähnlich hat das Amy Edmondson in ihrem Buch „Die angstfreie Organisation“ formuliert.
Im Rahmen der so genannten ARISTOTELES – Studie (google reworks-studie 2015), wurden die Thesen der Studien von Kotter und die Aussagen von Amy Edmondson auf wissenschaftlich verifizierter Basis bestätigt. Ohne Psychologische Sicherheit ist keine Höchstleistung möglich.

 

Nun fragt man sich – warum taucht gerade jetzt der Begriff wieder auf und wird gehypt?
Schaut man auf das Thema Fachkräfte, Mitarbeiterbindung, zunehmende Dynamik und Komplexität, dann wird schnell deutlich, dass wir mit den Methoden des 20. Jahrhunderts nicht die Probleme unserer Zukunft lösen können. Klartext: Heute und in den nächsten Jahrzehnten müssen immer weniger Menschen immer mehr Aufgaben, Themen und Probleme lösen. Dass das alles nicht mit Prozesseffizienz und KI usw. machbar ist, ist auch klar. Es bedeutet, dass wir die Art, wie wir miteinander zusammenarbeiten grundlegend verändern müssen und dabei spielt die psychologische Sicherheit eine große Rolle. Neben den außerordentlich hohen Auswirkungen auf die Ergebnisse treten bei gegebener hoher psychologischer Sicherheit Nebeneffekte wie erhöhte Mitarbeiterbindung, erhöhtes individuelles Engagement und Lust und Spaß auf mehr Arbeiten ein. Also alles das, was man sich als Organisation wünscht. Eine hohe psychologische Sicherheit führt zu mehr Motivation und Verantwortlichkeit. Beides sind Treiber von mehr Leistung und nachhaltigem Wachstum.

 

Die nächste sich aufdrängende Frage ist, wenn diese Thesen und Themen schon so lange bekannt sind, warum wurden und werden sie nicht umgesetzt?
Dazu gibt es drei Antworten. 1. Die Ergebnisse in den Organisationen scheinen aus Sicht der Stakeholder gut bzw. gut genug zu sein. 2. Führungskräfte aller Ebenen in Organisationen befürchten einen Macht- und Kontrollverlust, befürchten, dass sie mit anderen Herangehensweisen ihr Image und ihre Reputation verlieren. 3. In den meisten Organisationen herrschen die Prozessmanager, getrieben von Simplifizierung und Effizienz, die Sicherheit ist an den Anforderungen für Atomkraftwerke ausgerichtet. Im Ergebnis führt alles das zu einer breiten Komfortzone, in der niemand Fehler machen will, keiner bereit ist Verantwortung zu übernehmen und deshalb schweigt oder eben nichts oder ja nicht zu viel tut. Klar ist: das TOP-Management und alle Führungskräfte aller Ebenen spielen wie so oft in Veränderungssituationen eine zentrale Rolle.

 

Was kann eine Führungskraft denn nun direkt tun, um ein Umfeld von psychologischer Sicherheit zu schaffen?
Führungskräfte sind in traditionellen Bezugsrahmen ausgebildet und entwickelt worden. Da oft die besten Fachleute aufsteigen, kennen sie natürlich auch als Führungskraft immer alle Antworten. Darauf folgt, dass die meisten Manager dann auch Anweisungen geben, kontrollieren und bewerten, wie die Leistungen erbracht werden. Die geführten Organisationen müssen tun, was ihnen gesagt wird.
Ein erster Schritt wäre, der Führung individuell einen neuen Bezugsrahmen zu geben. Für mehr Wirkung sollten Führungskräfte eher die Richtung als das Ziel vorgeben, einladen Input zu geben, immer wieder die Richtung klären und ggf. steuernd anpassen. Wirksame Führungskräfte schaffen zudem Voraussetzungen für kontinuierliches Lernen, womit einher geht, dass Scheitern auch ein Stück weit entstigmatisiert wird. Damit werden aus Untergebenen Mitwirkende, die mit ihren wertvollen Einsichten, Erfahrungen und wichtigem Wissen Bestleistungen ermöglichen.

 

Was kann man noch tun?
Wenn die psychologische Sicherheit steigen soll, dann ist es auch klar, dass man das nicht mit Ansage oder einem stringenten Cut erreichen kann. Auch das sind Entwicklungsprozesse sowohl für die Führungskräfte als auch die Mitwirkenden. Um einen solchen Prozess einzuleiten wäre es beispielsweise hilfreich in der einen oder anderen Situation als Führungskraft auch einmal zuzugeben, dass man gerade auch nicht weiß, wie eine Lösung aussehen könnte oder was der beste nächste Schritt ist. Ein solches Handeln wirkt situationsbedingt demütig und zeigt, ich bin auch verletzbar. Ein solches wiederholtes Verhalten sendet starke Impulse in die gesamte Organisation.

 

Das ist aber nicht ganz einfach für etablierte Führungskräfte so zu agieren bzw. sich selbst zu verändern…
Ja, „…die Arbeit an sich (selbst) ist die Arbeit an sich…“. Neben individuellen Entwicklungsimpulsen ist es wichtig, dass sich Organisationen auf diesem Weg professionell begleiten lassen. Neben den hier dargestellten Tipps gibt es einen prall-voll gefüllten und vor allem verprobten Methodenkoffer für Führungskräfte und Teams, der je nach Reifegrad und Zielstellung zum Einsatz kommt.

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"Eine hohe psychologische Sicherheit führt zu mehr Motivation und Verantwortlichkeit. Beides sind Treiber von mehr Leistung und nachhaltigem Wachstum."

Steffen Dreiling, Senior Business Coach zeb